Kölner Kammerorchester

Nachrichten

Datum: 27.09.2016

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Mozart stilvoll und intensiv

KLASSIK Viviane Hagner in der Kölner Philharmonie

Hilary Hahn ist sicher international (noch) der klangvollere Name, aber Viviane Hagner hat jetzt - zur Saisoneröffnung der philharmonischen "Meisterwerk"-Reihe des Kölner Kammerorchesters - Mozarts Violinkonzert KV 219 unstreitig besser gespielt als die Kollegin vor drei Wochen zum Anpfiff des diesjährigen Bonner Beethovenfestes. Mit geigerischem Handwerk haben diese Unterschiede nichts zu tun, wohl aber mit Auffassung und innerer Beteiligung.

Hahns unverbindlich-neutralisierender Hochglanzpolitur steht bei Hagner ein singender, beseelter und doch kerniger Grundklang gegenüber, der sich jedem Ton der Partitur gegenüber verantwortlich weiß und mittels differenzierter Artikulation ein gestisch reiches Gesamtbild produziert (da nimmt man dann auch ein paar falsche Töne hin). Wenn nach dem wilden Alla turca des Finalrondos der Refrain erklingt, dann ist das bei Hagner nicht einfach die Wiederkehr eines Bekannten, sondern sozusagen die schüchtern-wehmütige Erinnerung an bessere Zeiten.

Wohltuend auch der Verzicht auf die überladenen Joachim-Kadenzen. Hagners bescheiden-kurze Kadenzen (Marke Eigenbau?) entsagen der hier völlig unangebrachten virtuosen Zurschaustellung und suchen stattdessen den Dialog mit der Werksubstanz. Und wenn sie in einer der Überleitungen im Rondo die langsame Introduktion aus dem ersten Satz wiederkehren lässt, dann hat auch dies Stil, Geschmack und Niveau.

In gleicher Weise erfreute Schuberts Konzertrondo D 438, dem Hagner als Zugabe noch eine vielschichtig gespielte Violintransskription des "Erlkönig" folgen ließ. Das unter Christoph Poppen einfühlsam-geschmeidig begleitende Orchester steuerte als Rahmenstücke zu dieser ausschließlich Frühwerken gewidmeten Matinee die beiden Haydn-Sinfonien "Le Matin" und "Le Midi" bei - Stücke nicht nur mit humoristisch-programmatischen Allusionen an den Gang der Tageszeiten, sondern auch und vor allem mit ausgeprägt konzertanten Partien für Violine, Cello und Kontrabass, dazu Flöten, Oboen, Hörner und Fagott. Hier konnten sich die trefflichen Musiker einmal - wozu sie ja sonst kaum je einmal Gelegenheit haben - zum Vergnügen des Publikums auf breiter Front als Solisten hören lassen.

(Markus Schwering, Kölner Stadt-Anzeiger, 27. September 2016)