Kölner Kammerorchester

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Datum: 10.10.2017

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Zu unrecht im Schatten

Kölner Kammerorchester spielt Haydns Oratorium "Die Jahreszeiten"

"Die spielen sogar aus meiner Ausgabe", sagt Armin Raab, als er die blauen Einbände auf den Notenpulten in der Philharmonie sieht. Vor zehn Jahren publizierte der Leiter des Kölner Haydn-Instituts die Partitur des Oratoriums "Die Jahreszeiten" (1801) nach neustem Forschungstand. Nun freut er sich, dass das Kölner Kammerorchester damit in die Saison startet. Das Werk steht ja im Schatten der populären "Schöpfung". Zu unrecht.

Saat und Ernte

Dirigent Christoph Poppen leitet ein exquisites Vokal-Ensemble. Die drei Solisten haben angenehm timbrierte, schlanke und wandlungsfähige Stimmen. Chen Reiss (Sopran - sie singt im November mit dem Gürzenich Orchester), Martin Mitterrutzner (Tenor) und der wunderbar selbst "Mezza voce" singende Michael Nagy (Bariton) gefallen nicht nur einzeln. Ihre Stimmfarben verschmelzen auch in den Duetten und Terzetten perfekt - das hört man so eher selten.

Als Landleute erzählen sie über Saat und Ernte im Wechsel der Jahreszeiten. Ein Spiegel des menschlichen Lebens, erklärt die Schlussmoral. Haydns Werk schildert eine idealisierte Landbevölkerung, deren Bewohner weder "Putz noch Schminke" wie die Städter brauchen. Man lebt in der Natur wie von Gott vorgesehen.

Auch mit pittoresken Tier- und Natur-Schilderungen überrascht die Musik. Es gibt flatternde Vögel, quakende Frösche, Gewittersturm und Sonnenaufgang sowie Hörnerschall der Jäger. Und Tom Owen darf als Schäfer immer wieder auf seiner "Schalmei", also der Oboe blasen.

Das Kölner Kammerorchester spielte das Werk auf modernen Instrumenten, aber "historisch informiert": wenig Vibrato bei den Streichern, trockene Akzente, fließende Tempi und tänzerische Lebendigkeit. Das 44-köpfige Vokalensemble Kölner Dom nimmt das gerne auf. Es singt mit luftiger, aber präziser Diktion und durchfliegt die polyphonen Abschnitte, am Ende sogar mit geteiltem Chor. Tolle Leistung.

So gelingt eine mustergültige Aufführung. Raab vom Haydn-Institut vermisst am Ende nur eine dritte Trompete, die laut Partitur wenige Takte als Symbol der Dreifaltigkeit die beiden anderen Trompeter unterstützt. Über die von Chormitgliedern improvisierten Tamburin-Triangel-Rhythmen im herbstlichen Weinlied ist er aber ebenso entzückt wie alle im Saal.

(Matthias Corvin, Kölnische Rundschau, 10. Oktober 2017)