Britische Power

Kölner Kammerorchester widmet sich mit Thomas Gould der Bach-Familie

Das digitalisierte England, das analoge Deutschland. Zumindest in Sachen Klassik wurde dies jetzt in der Philharmonie deutlich. Während der eingeladene Geiger Thomas Gould (34) ein schickes Tablet auf den Notenständer stellte, warteten auf den Pulten des Kölner Kammerorchesters nur Papiernoten. Auf dem Programm standen Bach und seine Söhne.

Auch sonst bot dieses Konzert geballte britische Power, denn neben dem dirigierenden Gould an der Geige musizierten als Solisten die beiden englischen Wahlkölner Tom Owen (37) und Oren Shevlin (48). Ersterer ist Solo-Oboist im Gürzenich-Orchester, der andere Solo-Cellist im WDR Sinfonieorchester. Owens agile Spielweise, seine ausgefeilten Dialoge mit dem Geigen-Partner Gould kamen in Bachs Doppelkonzert BWV 1060 klasse heraus.

Später stieg Shevlin mit knorriger Tiefe in Carl Philipp Emanuel Bachs Cellokonzert Wq 172 ein. Doch er ist auch ein gelenkiger Gestalter schneller Passagen. Mit Tiefe und leisen Tönen verwöhnte er im Largo und erntete zu recht mehrere "Bravi".

Die "Times" bezeichnete Gould einmal als "Nigel Kennedy seiner Generation", doch ganz so flippig ist er gar nicht. Er pflegt einen geradlinigen, durch feine Agogik in Schwung gebrachten Muszieristil. Auch die rasante Attacke des "Sturm und Drang" liebt er, etwa in Johann Christian Bachs opernhafter g-Moll Sinfonie op. 6/6. Ab und an wurde der Streicherklang "bauchig" barockisierend abgerundet, aber nie zu viel.

Kecke Oboen

Mit einer in den Bässen ziemlich erdigen Bach-Ouvertüre BWV 1066 samt keck "plappernden" Oboen in der Fuge verabschiedete sich Gould vom Publikum.

Ach ja, eigentlich sollte dieses Konzert José Maria Blumenschein dirigieren, der formidable frühere WDR-Konzertmeister. Er hat seine Stelle bei den Wiener Philharmonikern bekanntlich gekündigt und ist auf Stellensuche. Vielleicht auch in Köln?

(Matthias Corvin) Kölnische Rundschau vom 16. Januar 2018