Kölner Kammerorchester

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Datum: 04.04.2018

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Veredelt

Kölner Kammerorchester mit Matthäuspassion

Zusätzliche Spannung lag in der Luft bei dieser "Matthäuspassion", nachdem der Tenor Lothar Odinius kurzfristig den Evangelisten übernommen hatte. Doch für den gefragten Sänger ist solch ein Einspringer sicher Routine, er hat die Partie bereits gesungen. So veredelte er diese Philharmonie-Aufführung des Kölner Kammerorchesters und des Vokalensembles Kölner Dom. Seine differenzierte und lebendige Gestaltung des Evengeliumtextes machte die dreieinhalbstündige Aufführung nie langweilig.

Dirigent Christoph Poppen setzte auf eine schlanke, spitz rhythmisierte und unpathetische Darbietung der häufig gespielten Bach-Passion. Die großen Chorsätze und auch die Choräle erklangen ohne weihevolle Verbreiterungen.  Eine fast klassische Natürlichkeit lag über der Interpretation. Ganz darauf eingeschworen war das von Eberhard Metternich einstudierte Vokalensemble Kölner Dom. Die gut 50 Sängerinnen und Sänger sangen mit unaufgesetzter Diktion. Bisweilen ging das zwar auf Kosten der Textdeutlichkeit, andererseits wirkte keine Passage künstlich überstrapaziert.

Die Turba-Chöre erhielten allein durch deutliche Beschleunigungen ihre Lebendigkeit. Insgesamt war der Chorklang eher hell nach oben hin aufgelichtet mit dominaten Frauenstimmern. Schön war vor allem die Idee, den zusätzlichen Ripieno-Choral im doppelchörigen Eröffnungssatz "Kommt ihr Töchter, helft mir klagen" von 25 mittig platzierten Knaben des Kölner Domchores singen zu lassen. Das ist zwar kaum im Sinne Bachs, der ja stets einen sehr kleinen Chor zur Verfügung hatte, aber im geräumigen Saal funktionierte das sehr gut.

Den Menschen offenbart

Mit dem Liedersänger Benjamin Appl als Jesus wurde ein zusätzlicher Akzent gesetzt. Er sang die von Streicherglanz umschimmerte Stimme weniger erhaben als gewohnt. Seine schlichte, bisweilen anteilsvoll vibrierende Stimme offenbarte einen Menschen. Auf Poppens Grundtendenz waren alle Vokalsolisten abgestimmt, etwa der glockenhelle Sopran von Elisabeth Breuer oder der sensibel-leichte Tenor von Stuart Jackson. Aus den Reihen des zweigeteilten Kölner Kammerochesters konnten sich auch die vielen Soli hören lassen. Eine wohltuend unprätentiöse, elegant abgerundete Passion.

(Matthias Corvin, Kölnische Rundschau vom 4. April 2018)