Kölner Kammerorchester

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Datum: 19.11.2018

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Musik mit gebrochener Skyline

Haydn, Schumann und Beethoven im Meisterkonzert mit Christoph Poppen

"Feuer-Sinfonie", wie bitte? Ja, Joseph Haydns 59. Sinfonie - kennt sie jemand? - trägt diesen Beinamen. Er stammt nicht vom Komponisten, und auch sonst ist die Verbindung mit dem heißen Element eine zweifelhafte Sache. Allemal aber ist das Werk aus dem Jahre 1769 eine "feurige" Angelegenheit. Und eine hochexperimentelle dazu: Da versackt nach zündendem Start auf einmal die Figuration im Nichts, um dann wieder eruptiv aufzulodern. Die Skyline zumal des ersten Satzes ist gebrochen, zerklüftet, geborsten - keine Spur von klassischem Ebenmaß. Für Entdeckungen solcher Art sind das Kölner Kammerorchester und sein Chefdirgent Christoph Poppen immer wieder gut. Und die bockige Unwirtlichkeit wie der konstruktive Ernst dieser Musik (etwa das Spiel mit auftaktiger und abtaktiger Phrasenbildung im ersten Satz) kamen in der Aufführung auch ausgezeichnet zur Geltung - genauso wie der trostreiche Weg von der Dürre zur bläsergesättigten Fülle im zweiten.
Ungleich bekannter als Haydns 59. ist Schumanns Cellokonzert, das die Mitte des Abends markierte. Ein Renner im Konzertsaal ist allerdings auch dieses introvertierte Spätwerk nicht. Der junge französische Solist Aurélien Pascal tat indes auch von sich aus wenig, dem Stück zu jenem äußeren Glanz zu verhelfen, der für den konzertanten Aplomb unerlässlich ist. Das spricht nicht unbedingt gegen ihn: Er ist eben der Adept eines kantabel-verhaltenen, um nicht zu sagen: defensiven Schönklangs, der lyrische Strecken edel zu singen versteht, rasche Passagen aber auch zuweilen flüchtig absolviert. Wenn Poppen in den Tutti-Stellen schärfere Akzente mobilisierte, dann konnte das dem gedeckten und gedeckelten Charakter der Interpretation nur bedingt aufhelfen.
Es folgte eine mehr als achtbare Beethoven-"Pastorale". Poppen nahm das große Naturbild unter einen gelassen ausgespannten Stimmungsbogen zwischen Aussingen, Verflüchtigung und neuer Intensivierung, unter dem trotzdem eine Fülle von Details zutage trat - etwa die konzise Wanderung des zweiten Themas im Eröffnungssatz vom Diskant in den Keller der Partitur oder die erstaunliche Vielstimmigkeit der Bachszene (Fagotte!) im zweiten Satz auch schon der dem finalen Vogelkonzert.

(Markus Schwering, Kölner Stadt Anzeiger vom 19. November 2018)