Kölner Kammerorchester

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Datum: 08.03.2016

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Mahnung zur Bußfertigkeit

KLASSIK Kölner Kammerorchester in der Philharmonie

Im Zyklus "Das Meisterwerk" des Kölner Kammerorchesters begann in der Philharmonie, ein kleiner Vorgriff auf die nahende Karwoche, das große Jammern und Klagen, allerdings auf recht unterschiedlichen stilistischen Ebenen: Im ersten Teil gab es zwei Beispiele der "Lamentationen des Propheten Jeremias" von Francesco Durante (1684-1755), einer strengen, emotional engen liturgischen Gebrauchsmusik des neapolitanischen Barocks; nach der Pause dann das "Stabat Mater" von Gioacchino Rossini (1792-1868), eine gefühlsflutende, teils von der Oper inspirierte Aufwallung der italienischen Romantik.

Die wichtigsten Ausführenden dieser nachdrücklich mahnenden Appellationen zur Bußfertigkeit waren exzellente Gruppierungen der Kölner Domchöre, bei Durante sangen die klaren und kühlen Knabenstimmen die Sopran- und Altpartien, bei Rossini die warmen und lodernden Frauenstimmen - eine durchaus sinnstiftende und werkgerechte Aufteilung der Mittel und Möglichkeiten. Der Chorpädagoge Eberhard Metternich, dem auch die Gesamtleitung des Konzerts oblag, hat mit seinen Ensembles in allen Kriterien wieder einmal ganze Arbeit geleistet.

Die Solisten hätte er aber, zumal bei Rossini, schärfer an die Kandare nehmen dürfen. Gal James (Sopran), Silvia de la Muela (Alt), Sung Ming Song (Tenor) und Christof Fischesser (Bass) ließen schöne Stimmen vernehmen, doch eine höhere musikalische Intelligenz zeigte nur Fischesser. Es geht doch nicht an, dass bei Kadenzen Töne ausgelassen oder lahm akzentuiert werden, dass ein Spitzenton wie das hohe Des in der "Cuius animam"-Arie des Tenors endlos liegen bleibt, statt in die Phrase eingebunden zu werden. Die Solisten bei Durante, der (quantitativ überbeschäftigte) Sopran war hier Susanna Martin, der Alt Uta Christina Georg, hatten demgegenüber kaum Gelegenheit, über die Stränge zu schlagen.

Das Kölner Kammerorchester agierte - durchaus widmungsgemäß - bei Durante dienend devot, bei Rossini auftrumpfend impulsiv. Die Vitalität hätte solcherart hier eine Spritze, dort einen Dämpfer nicht übel vertragen.

(Gerhard Bauer, Kölner Stadt-Anzeiger, 8. März 2016)