Kölner Kammerorchester

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Datum: 02.04.2019

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Pralles Leben und stille Klöster

Thomas Neuhoff erfreute in der Philharmonie mit Händels selten zu hörender Ode "L'Allegro"

1740, als die Londoner Händels Opern mieden und er sich auf Oratorien verlegte, entstand auch die englische Pastoral-Ode „L’Allegro, il Penseroso ed il Moderato“ (Der Heitere, der Nachdenkliche und der Gemäßigte). Das Werk ist selten zu hören, es ist ebenso schwer aufzuführen wie Zuhörern zu vermitteln. Hier gibt es weder Handlung noch Dramatik. Vielmehr plädieren zwei gegensätzliche Temperamente umständlich für ihre je eigene Weltsicht. Der heitere Tagmensch preist das pralle Leben in Stadt und Land, der Asket liebt die Nacht und stille Klöster. Und beide berufen sich auf antike Götter und Helden.

So sah es einst der berühmte Poet John Milton. Zwei seiner frühen Gedichte wurden fürs Vertonen zerpflückt und zu einem Dialog verdichtet. Miltons bildhafte Texte und der Schlagabtausch haben Händels Phantasie entzündet. Da spielt der Opernfuchs souverän mit Affekten, Formen und Klangmalerei.

Allerdings verlangt der musikalisch reiche Bilderbogen so gewiefte Barockexperten, wie sie Thomas Neuhoff jetzt in der Philharmonie zur Hand hatte. Der Kölner Bach-Chor sang frisch und vital. Er konnte sich eine gemischte Aufstellung leisten, der Klang blieb trotzdem vollkommen homogen. Ebenso beweglich und blitzsauber begleitete das Kölner Kammerorchester, es stimmte die Artikulation perfekt auf die Sänger ab. Hinzu kamen farbige Solo-Kadenzen (Flöte, Cello Orgel, Carillon). Diesen Ensembles konnte Neuhoff, ein Meister mit ruhiger Hand, teils aberwitzige Tempi abverlangen.


Großartiges Solistenquartett


Auch das Solistenquartett entzückte, Joanne Lund mit glänzenden Sopranspitzen, Dorothee Mields mit schöner Wärme. Beweglich sangen auch Robin Tritschler (Tenor) und Thomas Laske (Bass). Sie alle durften auf Händels Spielwiese für Virtuosen nach Herzenslust ihr Können demonstrieren. Wunderbar.

(Marianne Kierspel im Kölner Stadt Anzeiger vom 2. April 2019)