Kölner Kammerorchester

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Datum: 19.09.2019

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Klassische Klarheit
Erstes Saisonkonzert des Kölner Kammerorchesters

Mozart, Beethoven, Schubert - das Kölner Kammerorchester unter seinem Chefdirigenten Christoph Poppen ging beim ersten Saisonkonzert seiner "Meisterwerk"-Reihe in der Philharmonie gleich in die Vollen. Aber was heißt in die "Vollen"? Mit Mozarts Serenata notturna KV 239 und Schuberts erster Sinfonie erklangen Werke, die der jeweiigen Frühphase der Komponisten angehören und keinesfalls sehr repräsentativ für den jeweiligen Personalstil.
Dem lärmenden sinfonischen Erstling hauchte Poppen immerhin - durchaus gewinnend - einiges von jenem dramatischen Feuer ein, das er von Haus aus gar nicht hat. Und der nicht sonderlich belangvollen Serenata wuchs druch die bewusst inszenierte Kontrastierung von Streichern und Pauken einiges an klanglicher Rafinesse zu. Der Schwerpunkt lag hier auf dem abschließenden dritten Satz, der durch die Kadenzen der beteiligten Solisten "aufgemotzt" wurde. Zugleich war die Präsentation gerade dieses Stückes eine Hommage an Poppens Vor-Vorgänger Helmut Müller-Brühl, der es vor Zeiten auf einer LP mit dem Rahmentitel "Heitere Serenaden" verewigt hat.
Im Fall von Beethovens fünftem Klavierkonzert erübrigen sich selbstredend solch einschränkende Bemerkungen - es war das überragende Zentralwerk der Matinée, und der Solist Joseph Moog wurde diesem Anspruch weitgehend gerecht: Er interpretierte, technisch tadellos, das Stück aus dezidiert klassischem Geist. Da gab es glasklare, teils auch recht harte Formulierung und konzentrierten Zugriff, kein gefühliges Sfumato, keine romantisierenden Anwandlungen. Im ersten Satz kamen die Klangmassen teils so laut, dass von Beethoven als solche bezeichnete Sforzati kaum mehr heraustreten konnten.
Von schattenloser, gleichsam geheimnisloser Klarheit wäre zu sprechen, wenn das nicht gleich so negativ klänge. Sicher kann man das Konzert anders, indirekter, ahnungsvoller spielen; aber die Interpretationsentscheidung Moogs, der dem Publikum für den reichen Beifall mit Listzs schwerem späten "Csárdás obstiné" dankte, verdient auch dank ihrer Konsequenz allen Respekt. Und dass der Solist ein inspiriertes, erfülltes Piano kann, macht das immer wieder aufs Neue frappierende Wunder des zweiten Satzes deutlich.
Erfreulich auch der Standard der Begleitung. Die Durchführung des ersten Satzes zeitigt von Haus aus eine Erschöpfung der Energien, die Solist und Orchester hier in bestem Einvernehmen realisierten. Kraftzufuhr erhält das Geschehen durch die erneute Einführung des zentralen Triomotivs, das dann auch die Reprise herbeiführt. Poppen und die Seinen führten das exzellent vor: Beim Wiederauftauchen besagten Motivs fühlte man sich geradezu an den "Weißen Hai" erinnert.

(Markus Schwering im Kölner Stadt Anzeiger vom 19. September 2019)